Zähne ziehen Canvas

Zähne ziehen für die Zahnspange: Muss das sein?

30. Mai 2024

Gesunde Zähne ziehen wegen einer Zahnspangen-Behandlung – ist das wirklich nötig? Zum Glück nur selten. Wir erklären, wann es trotzdem notwendig ist und was Patienten und Eltern bei der Entscheidung bedenken sollten.

Zähne ziehen für die Zahnspange: Welche Gründe gibt es?

Eine kieferorthopädische Behandlung ist längst nicht nur Zähne „begradigen“. Vielmehr geht es in der Kieferorthopädie immer darum, die Gesundheit, Funktion und Ästhetik des Gebisses zu optimieren. Je nach Situation kann das Ziehen von Zähnen ein unvermeidlicher Schritt auf diesem Weg sein. Mögliche Gründe sind:

  1. Platzmangel im Kiefer: Ein häufiger Grund, weshalb man Zähne im Rahmen einer Zahnspangen-Behandlung ziehen muss: Der Kiefer ist zu klein, um alle Zähne aufzunehmen. Um einen Engstand zu vermeiden, gibt es zwar verschiedene Methoden, um den Kiefer zu erweitern. Diese reichen aber nicht immer aus, insbesondere bei Erwachsenen, deren Kieferwachstum bereits abgeschlossen ist. Deshalb gibt es Fälle, in denen das Ziehen von Zähnen unvermeidlich ist, um eine harmonische Zahnreiche und einen gesunden Biss zu erreichen.
  2. Korrekturen der Bisslage: Auch wenn Ober- und Unterkiefer in ihrer Lage stark voneinander abweichen (z.B. Überbiss, Unterbiss, Kreuzbiss), kann das Ziehen von Zähnen sinnvoll sein. Da größere Zahnbewegungen möglich werden, kann man den Fehlbiss auf diese Weise leichter korrigieren. Hier geht es nicht um leichte, sondern um gravierende Fehlbisse, die ansonsten unter Umständen eine Operation erfordern würden. In solchen Situationen ist das Ziehen eines gesunden Zahns eine vergleichsweise schonende Möglichkeit der Korrektur.
  3. Asymmetrie des Kiefers: Wenn der Kiefer stark asymmetrisch ist, sodass die Zahnreihen nicht korrekt aufeinandertreffen, kann dies zu Problemen beim Kauen, Sprechen und zu Schmerzen im Kiefergelenk führen. Das Ziehen von Zähnen kann dann eine gute Lösung sein, um die korrekte Verzahnung von Ober- und Unterkiefer zu erreichen.
  4. Überzählige Zähne: Manche Menschen haben zusätzliche Zähne, die den normalen Zahndurchbruch stören oder zu Platzmangel führen können. Unter Umständen ist eine Extraktion der überzähligen Zähne nötig, damit die übrigen Zähne korrekt ausgerichtet werden können.
  5. Vorbereitung auf kieferchirurgische Eingriffe: In schweren Fällen, wenn Kieferorthopädie allein nicht ausreicht und mit einer Operation kombiniert werden muss, zieht man manchmal Zähne im Vorfeld der Behandlung, um die bestmögliche Ausrichtung und Funktion des Gebisses zu erreichen.
  6. Geschädigte Zähne: Wenn Zähne aufgrund von Karies, Parodontitis oder anderen Problemen stark beschädigt sind, kommt es vor, dass sie im Vorfeld einer Zahnspangen-Behandlung entfernt werden. Hier ist es das Ziel, die Mundgesundheit insgesamt zu verbessern und Platz für die Bewegung der gesunden Zähne zu schaffen.

 

Gibt es Alternativen zum Ziehen von Zähnen in der Kieferorthopädie?

Die Entscheidung zum Ziehen von Zähnen wird in der Kieferorthopädie niemals leichtfertig getroffen. Zunächst werden alle verfügbaren Alternativen abgewogen. Beispielsweise können spezielle Geräte zur Erweiterung des Kiefers zum Einsatz kommen, um mehr Platz zu schaffen. Bei Grenzfällen kann das Polieren des Zahnschmelzes eine Alternative sein, um Platz zu schaffen.

Allerdings gibt es Situationen, in denen die Extraktion von Zähnen die bessere oder sogar die einzig mögliche Option ist. Das gilt insbesondere, wenn es um die Korrektur schwerwiegender Fehlstellungen oder um die Vermeidung langfristiger gesundheitlicher Probleme geht. In solchen Fällen ist das Ziehen von Zähnen eine wichtige Maßnahme, um ein optimales Ergebnis der kieferorthopädischen Behandlung zu gewährleisten und die gesamte Mundgesundheit dauerhaft zu verbessern.

Welche Zähne werden gezogen?

Die Zähne, die am häufigsten gezogen werden, sind die ersten Prämolaren, also die kleinen Backenzähne. Ihr Fehlen fällt optisch kaum auf. Aber auch die Weisheitszähne oder die zweiten Prämolaren werden manchmal gezogen. Selbstverständlich wird die entstandene Zahnlücke im Rahmen der KFO-Behandlung wieder vollständig geschlossen, sodass am Ende eine harmonische, ästhetische Zahnreihe entsteht. 

Wie häufig ist das Zähneziehen für eine Zahnspange notwendig?

Grundsätzlich versucht man heute, das Ziehen von Zähnen für kieferorthopädische Behandlungen zu vermeiden. Dank moderner Verfahren, die ständig weiterentwickelt werden, sind Zahnextraktionen in der Kieferorthopädie glücklicherweise immer seltener notwendig. Ganz ohne geht es jedoch nicht, und auch in Zukunft wird es wohl immer Fälle geben, die ein solches Vorgehen erforderlich machen. 

Was ist bei der Entscheidung wichtig?

Wenn die Frage im Raum steht, ob Zähne für die Zahnspange gezogen werden sollen, ist bei der Entscheidungsfindung Fingerspitzengefühl gefragt. Denn niemand möchte gerne einen gesunden Zahn ziehen, insbesondere bei einem Kind oder Jugendlichen. Kieferorthopäden legen daher großen Wert darauf, keinen Druck auf die Patienten und die Eltern auszuüben. Stattdessen werden in Ruhe die Vor- und Nachteile besprochen und umfassend über die Situation, die Behandlungsoptionen und möglichen Alternativen informiert. Sie als Elternteil oder Patient können selbstverständlich alle Ihre Fragen stellen und bekommen ausreichend Bedenkzeit.

Wie läuft das Zähneziehen ab?

Das Ziehen eines Zahns ist gerade für Kinder kein Pappenstiel. Deswegen achten die Zahnärzte bzw. Oralchirurgen, die den Eingriff im Auftrag des Kieferorthopäden durchführen, besonders darauf, ihn so sanft und stressfrei wie möglich zu gestalten. Moderne Anästhesiemethoden sorgen dafür, dass der Prozess nahezu schmerzfrei ist. Vor dem Eingriff wird der Bereich um den zu ziehenden Zahn sorgfältig betäubt. Kindgerechte Erklärungen, ein einfühlsamer Umgang mit kindlichen Ängsten und eine positive, möglichst anspannungsarme Atmosphäre helfen ebenfalls. Daher kann es auch sinnvoll sein, sich an einen Kinderzahnarzt zu wenden oder zumindest nachzufragen, ob die Praxis speziell auf Kinder eingestellt ist.

 

Quellen

  • Das Gesundheitsportal medondo.health
  • Köbel C, Röhl T. Die Extraktion in der Kieferorthopädie. Zahnmedizin up2date. 2017 Dec 1;11(06):551–76.
  • Jackson TH, Guez C, Lin FC, Proffit WR, Ko CC. Extraction frequencies at a university orthodontic clinic in the 21st century: Demographic and diagnostic factors affecting the likelihood of extraction. American Journal of Orthodontics and Dentofacial Orthopedics. 2017 Mar;151(3):456–62.
  • Ödül Onur Alpakan, Çağrı Türköz, Selin Kale Varlık. Long-term stability of mandibular incisor alignment in patients treated nonextraction with or without interproximal enamel reduction. American Journal of Orthodontics and Dentofacial Orthopedics. 2023 Jun 1;163(6):802–10.
  • Yitschaky O, Neuhof MS, Yitschaky M, Zini A. Relationship between dental crowding and mandibular incisor proclination during orthodontic treatment without extraction of permanent mandibular teeth. The Angle Orthodontist. 2015 Mar 18;86(5):727–33.
  • Turner S, Harrison JE, Sharif FN, Owens D, Millett DT. Orthodontic treatment for crowded teeth in children. Cochrane Database of Systematic Reviews. 2021 Dec 31;2022(1).
  • Saelens N. Therapeutic changes in extraction versus non-extraction orthodontic treatment. The European Journal of Orthodontics. 1998 Jun 1;20(3):225–36.
  • Vaden JL, Kiser HE. Straight talk about extraction and nonextraction: A differential diagnostic decision. American Journal of Orthodontics and Dentofacial Orthopedics. 1996 Apr;109(4):445–52.
  • Faruk Ayhan Basciftci, Serdar Usumez. Effects of extraction and nonextraction treatment on class I and class II subjects. 2003 Feb 1;73(1):36–42.